Unsere erste richtige „Arbeitswoche“ ist nun um und jetzt
haben wir auch einen Überblick über unsere Abläufe bekommen und in jeden
Bereich bereits einmal reingeschaut. Am Montag begann die Woche erstmal nicht
so schön für uns. Isabel war bei den Sozialarbeitern, die hatten jedoch nicht
wirklich viel für sie zu tun, so dass sie den halben Tag Listen abgetippt hat.
Ich saß in den ersten beiden Klassen und der Vorschulklasse und kam mir auch
ziemlich nutzlos vor und hatte das Gefühl, dass ich regelrecht von den Lehrerinnen
ignoriert wurde. Dazu muss man sagen, dass es allgemein so ist, dass man hier
auf die Erwachsenen in den meisten Fällen selber zugehen muss. Ausgenommen sind
die Betreuer/innen im Heim, die sind alle total herzlich. Vielleicht kommt bei
den Lehrer/innen oft das Gefühl auf, dass die Volontärinnen zum Kontrollieren
ihrer Arbeit da sind, was ja gar nicht der Fall ist. Aber gestern war ich
wieder in der Schule und ich muss sagen, dass es schon viel besser als am
Montag war und dass es vielleicht ein wenig Zeit braucht, bis man sich an die
gegenseitige Mentalität gewöhnt. Naja, auf jeden Fall lief der Montag nicht so
ganz nach unseren Vorstellungen ab.
Am Dienstag sah dann aber alles schon wieder anders aus und
wir hatten wieder einen tollen Tag. Wie bereits letzten Freitag, durften wir
Mary und Elli (die beiden Sozialarbeiter/innen) mit zu den Hausbesuchen
begleiten. Zunächst holten wir die Kinder, die wir beim letzten Besuch
kennengelernt hatten, zum Medizincheck ab. Es wird ein HIV-Test gemacht und
sollte dieser positiv ausfallen, ist es so, dass die Kinder in ein anderes Heim
kommen würden von einer Organisation, die auf HIV-positive Kinder spezialisiert
ist, da die Gefahr der Ansteckung beim Spielen (kratzen, beißen, etc.) der
Kinder untereinander zu groß ist. Bei den größeren Kindern in Ngorika leben
jedoch auch einige infizierte Kinder, die dort auch täglich mit den notwendigen
Medikamenten versorgt werden. Bei den drei Kindern (ein einzelnes Mädchen und
zwei Zwillingsmädchen) fiel der Test zum Glück negativ aus und so konnten wir
sie anschließend nach Kikatiti in den Kindergarten bringen. Anschließend sind
wir noch zu zwei Familien gefahren, deren Kinder bereits im Happy Watoto Heim
leben – es wird geschaut, wie es der Familie geht etc. Die Hausbesuche in der
letzten Woche waren ja schon extrem heftig und wir hätten nicht gedacht, dass
diese nochmal gesteigert werden können… Aber die Wohnverhältnisse, die uns
dieses Mal erwarteten, waren tatsächlich nochmal schlimmer. In der ersten
Familie teilten sich fünf Personen eine Matratze. Es gab kein Fenster, es war
stockdunkel, dreckig und stank. Die Mutter hockte zusammengekauert auf der
Matratze, daneben ein Kleinkind, das einen Müllsack als Windel umgebunden hatte.
Ganz leise erzählte die Mutter, dass sie aktuell krank sei, es ihr aber sonst
den Umständen entsprechend gut ginge… Wir fuhren dann weiter zur zweiten
Familie. Dort kam uns die Frau schon freudestrahlend entgegen und freute sich
riesig, dass wir „Weiße“ dabei waren, da ihr eine Weiße ein Startkapital
gegeben hat, durch welches sie nun Obst und Gemüse verkaufen kann und sich
somit ihre Unterkunft und wenigstens ein bisschen Essen leisten kann. Auch in
ihrem Zuhause fanden wir wieder unvorstellbare Zustände vor und doch war sie so
dankbar, überhaupt gemauerte Wände um sich herum zu haben. Wir sind nach jedem
Hausbesuch wirklich total geschockt, unter welchen Umständen Menschen hier
leben müssen und können das immer noch nicht richtig begreifen, da es für uns
so realitätsfern ist – obwohl wir es mit eigenen Augen sehen…
Am Mittwoch ging es für uns dann in den Kindergarten. Die
Kinder dort sind wirklich so unglaublich süß und kommen direkt auf uns zu.
Problematisch war und ist leider nur, dass die beiden Zwillingsmädchen nun
jedes Mal bitterlich anfangen zu weinen, wenn sie uns sehen, da wir sie ja von
Zuhause abgeholt haben und sie zurück zu ihrer Mama wollen und denken, dass wir
sie auch zurückbringen können. Das bricht uns wirklich das Herz, denn auch,
wenn wir wissen, dass es im Endeffekt nur positiv für die Mädchen ist, diesen
Platz im Heim erhalten zu haben, vermissen sie ja trotzdem ihr Zuhause und vor
allem ihre Mama. Wir haben ja nun mit eigenen Augen gesehen, warum Mütter ihre
Kinder hier freiwillig in ein Heim geben und trotzdem ist das für uns ja
unvorstellbar. Laut den Erzieherinnen dauert es ca. zwei Wochen, bis sich die
Kinder eingewöhnt haben und an jedem letzten Samstag im Monat kann die Mama zu
Besuch kommen. Isabel ist mittags dann mit den Sozialarbeiter/innen zurück nach
Ngorika gefahren und hat noch in der Schule geholfen. Ich bin bis nachmittags
geblieben und habe mich dann alleine auf den Rückweg gemacht: einfach an die
Straße gestellt, kurz gewartet und dann kam auch schon ein „Dalla-Dalla“ – nur leider
ziemlich überfüllt… 25 Leute saßen und standen in dem Mini-Bus… Das ist Afrika!
Donnerstag waren wir dann beide den ganzen Tag im Kindergarten
und sind während der zwei Stunden, in denen die Kinder mittags schlafen, zum Einkaufen
gefahren. Auch an dem Tag haben wir uns fast ausschließlich um die Zwillinge
gekümmert, da sie sofort weinen, wenn wir auch nur einen Schritt zur Seite
gehen…
Gestern begann unser Tag dann erst in der Schule, bis wir
einen Anruf von Mary bekamen, dass wir heute nach Arusha fahren und dort in der
Nähe eine weiterführende Schule besuchen, an der wir die Sportklamotten von
Sebastian Hille verteilen können. Auf diese Schule gehen drei Kinder, die
vorher auf der Happy Watoto Schule waren und dementsprechend auch aus sehr
armen Verhältnissen kommen. Wir verteilten ein paar der Sachen, hatten jedoch
gehofft, dort alles verteilen zu können, bis wir erfuhren, dass der Rest
bereits ohne unser Beisein verteilt wurde. Das hat uns etwas enttäuscht, denn
auch mit den anderen Sachen (Sportschuhe, Fußbälle, Stifte, Spielzeug, etc.),
die wir für die Kinder im Heim mitgebracht haben, war es schon so, dass wir
nicht beim Verteilen dabei waren. Auf der einen Seite können wir dies
verstehen, da es halt immer so ist, dass es dann Geschenke gibt, wenn die „Weißen“
kommen, auf der anderen Seite wären wir natürlich gerne selber dabei gewesen
und hätten gesehen, wie sich die Kinder freuen…
Heute Morgen sind wir dann zum ersten Mal in eine Lodge
gefahren und haben den ganzen Tag dort verbracht. Nach zehn Tagen nur Reis,
Bohnen und Maisbrei kam es uns dort vor wie im Paradies. Cappuccino, Wasser mit
Kohlensäure und als Highlight zum Mitttagessen einen Burger mit Pommes… So langsam
verstehen wir, warum die Leute im Dschungelcamp so abgehen, wenn sie was
anderes zu Essen bekommen als Reis und Bohnen. In der Lodge konnten wir zudem
die Liegen am Pool nutzen und gegen Bezahlung auch den Pool an sich. Wir haben
den Tag richtig genossen, denn zwischendurch braucht man wirklich mal eine
Erholungspause… Die Lodge ist total schön angelegt. Freilaufende Affen und
Zebras und absolute Ruhe – außer das Zwitschern der Vögel. Wir haben uns auf
jeden Fall vorgenommen, am Wochenende immer etwas zu unternehmen. Entweder fahren
wir in eine Lodge, mal nach Arusha, oder zu Wasserfällen in der Nähe.
Bis dahin erstmal,
Jacky
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Eines der Zwillingsmädchen, das immer weint |
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Die Frau, die sich so über unseren Hausbesuch gefreut hat |
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Das Zimmer der Familie reicht von einer Tür zur anderen |
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Mount Meru Game Lodge |
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